Tiny Houses sind nicht Sokapflichtig

(Hessische Landesarbeitsgericht Frankfurt Az: 12 Sa 577/22 SK)

Das Hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt (Hess. LAG) hatte über den Fall zu entscheiden, ob die Herstellung von mobile Tiny Houses eine beitragspflichtige Tätigkeit im Rahmen des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) und somit Beiträge an die Sozialkasse Bau (Soka Bau) gezahlt werden müssen. (Az: 12 Sa 577/22 SK).

Die Beklagte stellt sog. mobile Tiny Houses her, die von dem TÜV als Wohnanhänger bzw. Wohnwagen abgenommen werden, für den Straßenverkehr zugelassen sind und als Kfz Anhänger versichert werden.

Die Urlaubskasse Bau (ULAK-Bau)/Sozialkasse Bau (Soka Bau) ist der Auffassung das für den Betrieb eine Beitragspflicht zur Abgabe von Sozialkassenbeiträge besteht, da im Betreib überwiegend, d.h. zu mehr als 50% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit bauliche Tätigkeiten um Rahmen des VTV ausgeübt werden.

Die Sozialkasse begründet dies wie folgt:

„Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die betrieblichen Tätigkeiten würden mit Geräten, Materialien sowie Arbeitsmethoden des Baugewerbes sowie des Ausbaugewerbes und nicht mit solchen eines Fahrzeugbetriebes ausgeführt. Auch bei der durch die Beklagten beschriebenen Verrichtung von Dämm- (Isolier-) Arbeiten an Landfahrzeugen gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt IV Nr. 3 VTV handele es sich um die Ausführung baugewerblicher Tätigkeiten. Das Erfordernis einer TÜV Zulassung resultiere daraus, dass die Tiny Houses auch mobil im Straßenverkehr unterwegs seien und dementsprechend straßenverkehrssicher sein müssten. Sobald die Tiny Houses aber auf ihren jeweiligen Standplätzen aufgestellt und angeschlossen seien, handele es sich bei ihnen um bauliche Anlagen und Gebäude im Sinne der Landesbauordnungen.“

Der Beklagte Betrieb ist der Auffassung, dass keine Beitragspflicht bestünde, denn

„die Tiny Houses, die sie fertige, seien ausnahmslos durch den TÜV als Fahrzeuge bzw. Wohnanhänger abgenommen und würden zu keinem Zeitpunkt fest mit dem Erdboden verbunden.“

Das Hess. LAG kam zu dem gleichen Entschluss wie der beklagte Betrieb. Für das Gericht sind die hergestellten Tiny Houses keine Bauwerke bzw. bauten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt I bis III VTV, sondern Landfahrzeuge im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt IV Nr. 3 VTV.

Das Hess. LAG sieht hier eher ein Vergleich mit dem Bau von Wohnwagen und führt ausdrücklich in seiner Entscheidung aus:

„Hinsichtlich des Wohnwagenbaus sind die Parteien übereinstimmend der Auffassung, dass es sich hierbei nicht um eine Tätigkeit handelt, die dem VTV unterfällt. Nun unterscheiden sich aber Wohnwagen und Tiny Houses nicht wesentlich voneinander. In Bezug auf Länge, Breite, Gewicht, straßenverkehrsrechtliche Zulassung, TÜV Abnahme, Versicherungspflicht,

steuerliche Behandlung, Beweglichkeit und Ausstattung bestehen keine grundsätzlichen Unterschiede. Sowohl Wohnwagen als auch Tiny Houses lassen sich im Rahmen der für Anhänger geltenden rechtlichen Vorschriften annähernd beliebig und uneingeschränkt vergleichbar ausstatten. Auch bei den verbauten Materialien gibt es keine gravierenden Unterschiede. Soweit das Arbeitsgericht darauf hinweist, dass ein Wohnwagen aus Blech und Stahl hergestellt werde, erscheint dies zweifelhaft. Zutreffender dürfte es – abgesehen vom Chassis – sein von einer überwiegenden Verwendung von Aluminium, Pappel- und Sperrholz sowie insbesondere von glasfaserverstärktem Kunststoff auszugehen. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidungserheblich an, weil alle diese Stoffe Baustoffe des Baugewerbes sind und mit ihrer Verwendung zwar begründet werden könnte, dass Wohnwagen Bauwerke sind, nicht hingegen, dass Tiny Houses keine Wohnwagen sind. Gleiches gilt hinsichtlich der verwendeten Werkzeuge und Arbeitsmethoden.“

Auch der Einwand der Soka-Bau, dass die Tiny Houses zu dauerhaften Wohnzwecken dienen würden und Wohnwagen nur temporär genutzt werden, ändert an der Entscheidung des Hess. LAG nichts, denn die hierzu fehlten dem Gericht Anhaltspunkte bzw. Nachweise der Soka-Bau.

Gegen diese Entscheidung wurde Revision eingelegt, sodass nunmehr das Bundesarbeitsgericht hierüber entscheiden muss.